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Dramatische Wucht


| Dietholf ZerweckVerdis Requiem mit Jörg-Hannes Hahn und dem Bachchor Stuttgart in der Cannstatter Lutherkirche

Verdis Requiem mit Jörg-Hannes Hahn und dem Bachchor Stuttgart in der Cannstatter Lutherkirche

Die erste Aufführung von Giuseppe Verdis „Messa da requiem“ fand 1874 in der Mailänder Kirche San Marco statt, danach folgten Wiederholungen in der Mailänder Scala. Seitdem geht die Diskussion, ob es sich beim Verdi-Requiem eher um ein Sakralwerk oder um eine konzertante Oper über Totenklage und Jüngstes Gericht handelt.

An welchem Ort das Werk musiziert wird, ist dabei für die Zuhörer nicht unwichtig: So hatte die Aufführung mit dem Bachchor Stuttgart unter der Leitung von Jörg-Hannes Hahn am Ewigkeitssonntag in der Lutherkirche Bad Cannstatt von vornherein ihren sakralen Rahmen. In den Pianissimo-Schlussakkord läutete vom Kirchturm eine lange Schweigeminute die Totenglocke. Dann erst durften die Musiker mit Applaus gefeiert werden.

Natürlich hat Verdis Vertonung der mittelalterlichen Requiem-Liturgie eine ungeheure szenische Dramatik, zu der an einer Stelle auch die Architektur der Luther-Kirche höchst effektvoll eingesetzt wurde. Beim „tuba mirum spargens sonum“ am Anfang des „Dies irae“ schallte es überwältigend von den Emporen: „laut wird die Posaune klingen / Durch der Erde Gräber dringen“ heißt es im lateinischen Text, und von überall her schienen die himmlischen Bläserscharen zu kommen, mit denen sich der gewaltige Chor zum „Tag der Rache, Tag der Sünden“ vereinigte.

Dynamik und Homogenität

Jörg-Hannes Hahn ließ nicht nur an dieser Stelle des „Dies irae“ alle orchestralen Gewitterstürme mit vokaler Wucht über den Zuhörern niederstürzen. Er drängte in den tempi oft dynamisch vorwärts und vermied dadurch das opernhaft Plakative. Umso erstaunlicher, wie sein über 90-stimmiger Bachchor auch die Pianissimo-Stellen homogen mit Intensität erfüllte und die Intonation der heiklen A-cappella-Passagen bis ins Letzte „requiem aeternam“ sauber blieb. Beim großen zahlenmäßigen Übergewicht der Frauenstimmen mangelte es jedoch manchmal an der klanglichen Balance.

Das Südwestdeutsche Kammerorchester Pforzheim hatte Hahn durch eine Anzahl hervorragender Holz- und Blechbläser verstärkt, was insgesamt einen präzisen, ausdrucksstarken Klang hervorbrachte. Bei der Orchestereinleitung zum Offertorium wirkten freilich die Celli unsicher, was sich dann auf die Intonation des Solistentrios von Mezzosopran, Tenor und Bass übertrug. Michael Volle hatte beim chromatischen Schauder des „Mors stupebit“ und beim machtvollen „Confutatis maledictis“ seine großartigen Bassmomente, der Tenor Joseph Cheon versüßte seinen Part durch ange schliffene Töne, die Mezzosopranistin Helena Zubanovich sang mit ausdrucksvoller Phrasierung. Karine Babajanyan, sehr kurzfristig für die erkrankte Gabriela Scherer eingesprungen, gestaltete ihre Sopranpartie mit kerniger, die großen Melodiebögen klar artikulierender Stimme, kämpfte jedoch mit den Höhen: Ihr „Requiem“-Schlusston leuchtete sekundengetrübt. So fehlte dem „libera me“ als letztem Satz von Verdis „Messa da Requiem“ an seinem Gipfelpunkt jene spirituelle Verklärung, der Jörg-Hannes Hahn in seiner Interpretation auf der Spur war und die er beim Introitus, Kyrie und Agnus Dei musikalisch eindrucksvoll gestaltete.