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Wir veröffentlichen Pressestimmen zu den Veranstaltungen der Reihe Musik am 13. mit freundlicher Genehmigung der genannten Medien.

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Dr. Ute Harbusch
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Nervös huschend, breit aufheulend, flirrend


| Verena Großkreutz

Das Komponistenporträt Peter Ruzicka bei "Musik am 13."

Stuttgart. Als Paul Celan 1970 in den Freitod sprang, war Peter Ruzicka 22 Jahre alt. Ruzicka hatte den Dichter kurz zuvor in Paris besucht. Eine irritierende Begegnung: „Ein wortarmes Gespräch“, sagt der Komponist heute. Die Todesnachricht habe ihm den Boden unter den Füßen weggerissen. Ruzicka war zu Gast im Gesprächskonzert zu seinen Ehren, im 13. Komponistenporträt der Reihe „Musik am 13.“ in der Cannstatter Stadtkirche. Im Gespräch mit dem Moderator, dem SWR-Neue-Musik-Redakteur Björn Gottstein, erklärt er, dass er die emotionale Reaktion auf diese Schocknachricht im 2. Streichquartett „Fragment“ verarbeitet habe.

Celans Schicksal hat ihn nie wieder losgelassen. In den 90er Jahren widmete er ihm eine Oper. Auch „Fragment“ ist ein Art Requiem für den Dichter: Fünf Miniaturen, fein gespielt vom Lotus Quartett, zeigen Ruzickas Kunst: Atonal, aber emotional. Von spinnwebartiger Zartheit, nervös huschend, breit aufheulend, stockend und flirrend. Und dann plötzlich: elegischer Mahler pur. Brüchige Spätromantik. 

Die kompositorischen Dogmen der Nachkriegszeit hat Ruzicka hinter sich gelassen. Er sucht Anknüpfungspunkte in der Musikgeschichte. Er kann als Komponist weitgehend unabhängig arbeiten dank einer steilen Intendantenkarriere, die ihn bis zu den Salzburger Festspielen führte. Auch als Dirigent mischt er mit. Es seien „die Wunden des 20. Jahrhunderts“, die ihn umtrieben, sagt er. Ruzickas Vorliebe gelte „zentralen Figuren der Geistesgeschichte, die in sich gebrochen waren“, so Gottstein. Walter Benjamin etwa, der im Zentrum eines Musiktheaterprojekts Ruzickas steht, das 2018 uraufgeführt wird. Und Hölderlin. Der Komponist hat Respekt vor der Dichtung. Das merkt man den Klavierliedern des Hölderlin-Zyklus „Und möchtet ihr an mich die Hände legen“ (2007) an, die blass wirken, weil der Bariton Emanuel Fluck sich bis hin zur reinen Rezitation artikulieren muss. In den Celan-Vertonungen „Gestalt und Abbruch“ (1979) glänzt das Vokalensemble Cantus Stuttgart.