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Es gibt kein Streichquartett von Bach – oder doch?


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Das Lotus String Quartet spielte Bachsche Fugen in Mozarts Bearbeitung

Das Lotus String Quartet spielte in der Stadtkirche, Foto: Rüdiger Schestag

Für sein Konzert in der Stadtkirche Bad Cannstatt wählte das international agierende Lotus String Quartet vierstimmige Klavier- und Orgelfugen von Johann Sebastian Bach aus. Mozart hatte diese 1782, also knapp vierzig Jahre nach ihrer Entstehung, für Streichquartett transkribiert. Zu Übungszwecken schrieb er ausgewählte Fugen von Bach ab, eine damals verbreitete Lernmethode. Die vier Stimmen notierte er aber für die vier Instrumente des Streichquartetts, das es zu Bachs Zeiten noch gar nicht gab. Erst durch Haydn und ihn selbst wurde es zur Gattung sanktioniert.

Als Mozart die meisterhafte Satztechnik der Bachschen Fugen entdeckte, hat ihn das zunächst verunsichert, aber auch angespornt. Seine eigenen Fugen, etwa in der Jupiter-Sinfonie oder der großen c-Moll-Messe, wurden in der Folge souveräner, wie Michael Spors in der Konzerteinführung erläuterte. In direkten Wettstreit mit Bach begab er sich mit seiner Klavierfuge KV 546, die er später seinerseits für Streicher bearbeitet hat. Sie bildete konsequenterweise den Abschluss des Konzerts.

Als Zugabe erklang der zweite Satz aus Mozarts Dissonanzenquartett. Hier war man als Hörer endlich ganz daheim im klassischen Idiom. Und realisierte, mit welcher Könnerschaft das Ensemble schon zuvor die Bach-Transkriptionen dargeboten hatte. Klug herausmodellierte Großformen und eine unaufdringliche, aber aufs Feinste abgestimmte Binnendifferenzierung der einzelnen Stimmen, die in dem halligen Kirchenschiff leider gelegentlich verloren ging, erschufen eine nahbare, lebendige, sinnliche Polyphonie. Diese machte das bei aller Meisterschaft doch immer auch Konzeptuelle von Bachs kontrapunktischen Zyklen vollkommen vergessen. Kurz: Man hörte vier hervorragende Musiker sich unterhalten.