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Menschlich und geistlich zugleich


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Konstantin Wolff über „Ein deutsches Requiem“ und sein Dasein als Sänger

Der Bariton Konstantin Wolff, Foto: Borggreve

Mitten in einer Serie von Sasha Waltz‘ Tanz-Musik-Theater-Version von Monteverdis „L’Orfeo“ an der Staatsoper Berlin, in der er den Plutone verkörpert, singt Konstantin Wolff „Ein deutsches Requiem“ mit Ruth Ziesak, dem Bachchor Stuttgart und der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz unter der Leitung von Jörg-Hannes Hahn in der Lutherkirche Bad Cannstatt. Dann geht er im Dezember mit Händels „Messiah“ auf Spanientournee. Ist es schwierig, sich auf so unterschiedliche Rollen und Stile einzulassen? „Gegenüber der Intimität eines Liederabends ist die Oper etwas ganz Anderes. Da fasziniert mich die zwischenmenschliche Situation auf der Bühne, wenn dann alles zusammenpasst, wie man singt, wie man spielt und sich bewegt. Im Oratorium ist der spirituelle Anteil natürlich viel größer, besonders bei Bach. Aber bei Händel oder Mendelssohn, zum Beispiel dessen Elias, da verkörpert man als Sänger auch Charaktere. Im Brahms-Requiem ist der Ausdruck so menschlich und zugleich geistlich: Wenn ich dieses „Herr, lehre doch mich, dass ein Ende mit mir haben muss“ singe, dann ist das eine unglaublich persönliche Aussage, eine ganz eigene Stimmung.“

Der 1978 in Gießen geborene Wolff stammt nicht aus einer Musikerfamilie, doch „meinen Eltern war wichtig, dass meine zwei Brüder und ich ein Instrument spielten.“ Als 12jähriger sang er im Schulchor bis zum Stimmwechsel: „Ich weiß gar nicht genau, wann bei mir der Stimmbruch einsetzte. Die Töne ganz oben gingen nicht mehr, vielleicht war das in den Sommerferien. Aber dann habe ich im Jugendchor in der Baritonlage weiter gesungen.“ Sein erstes Opernerlebnis hatte er mit Mozart. „Ich hatte wenig Kontakt mit Aufführungen klassischer Musik, bis ich in der Oberstufe den Musik-Leistungskurs wählte. Meine erste Oper war „Die Zauberflöte“, die haben wir zusammen mit unseren französischen Austauschschülern in Mannheim gesehen. Aber das hat mich damals nicht besonders vom Hocker gerissen.“

Sein Wunsch, Sänger zu werden, entwickelte sich während des Studiums an der Karlsruher Musikhochschule, das er 2007 bei Donald Litaker im Fach Gesang abschloss. Schon 2004 nahm er an William Christies Akademie Le Jardin des Voix teil und gab als einer der Preisträger 2005 sein Operndebüt mit Monteverdi an der Opéra de Lyon. Nach Ende des Studiums wurde René Jacobs auf dem Gebiet der historischen Aufführungspraxis einer der Dirigenten, mit denen Konstantin Wolff regelmäßig zusammenarbeitete: Sowohl auf der Opernbühne in Brüssel, Wien, Aix-en-Provence und Amsterdam als auch im Konzertsaal und bei CD-Produktionen wie Mozarts „Zauberflöte“ oder Johann Sebastian Bachs „Matthäus-Passion“. Dass Konstantin Wolff einen besonders nahe am Text entwickelten Interpretationsstil pflegt, hat er seinem Lehrer Donald Litaker zu verdanken sowie seiner Zusammenarbeit mit solchen Koryphäen der Alten Musik wie Nikolaus Harnoncourt, Jordi Savall, Ton Koopman und Marc Minkowski. „Wenn man mit jemand arbeitet, der so tief in die historische Aufführungspraxis eindringt, ist die Art zu musizieren sehr persönlich“, sagt Wolff und findet es spannend, sich auf die ganz individuellen Klangvorstellungen einzulassen.

Eine besondere Erfahrung für den damals 35jährigen Bariton war die Zusammenarbeit mit dem griechischen Dirigenten Teodor Currentzis und seinem Ensemble MusicAeterna bei Mozarts „Così fan tutte“ in Perm. Er sei vom ersten Moment an fasziniert gewesen von dessen unkonventioneller Künstlerpersönlichkeit, vor allem von der Radikalität seines Ansatzes, Werke in ihrer Tiefe auszuloten. Die Probensituation in Perm sei einmalig und besonders gewesen, „weil Currentzis in gewisser Weise so grenzenlos ist. Wir haben tatsächlich Aufnahmesessions bis nach Mitternacht gemacht.“ Und wie prononciert Konstantin Wolff als vollstimmiger Don Alfonso hier in einem Weltklasseensemble die Fäden der seelenerschütternden Intrige zieht, ist auf der CD-Gesamteinspielung eindrucksvoll präsent.