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Seelengemälde und Stimmungen


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Ronan Collett und Nicholas Rimmer mit Liedern und Klaviermusik in der Stadtkirche

Der Bariton Ronan Collett, Foto: Roberto Bulgrin
Der Bariton Ronan Collett, Foto: Roberto Bulgrin

Faschingsdienstag hin oder her - die Evangelische Stadtkirche war vergleichsweise gut besucht zum Februarkonzert der Reihe "Musik am 13.". Cannstatt, so hieß es in der Begrüßung, könne eben beides: "Musik und Fasnet". Mit Ausgelassenheit hatte das Programm der Briten Ronan Collett (Bariton) und Nicholas Rimmer (Klavier) allerdings nichts zu tun: Hugo Wolfs "Lieder des Harfenspielers" entstanden 1888; da war Wolf mit Ende 20 in einer schöpferischen Hochphase und erntete erstmals Anerkennung als Komponist. Seine Lieder nach Goethes Roman "Wilhelm Meister" sind jedoch von äußerster Schwermut und den beginnenden Wahnvorstellungen der Harfnerfigur gezeichnet - sie erscheinen wie eine düstere Vorahnung vom späteren, geistig verwirrten Zustand Wolfs, der von einer Syphilisinfektion eingeholt wurde.

Nicht weniger schwermütig war der zweite Teil von Franz Schuberts "Schwanengesang" genannter Liedsammlung aus seinem Todesjahr 1828. Die sechs Texte von Heinrich Heine kreisen um Scheitern, Abschied, Verlust - und Schubert gestattet in ihnen einen tiefen Blick ins Seelenleben des romantischen Künstlers. Und die abschließende "Taubenpost" (Text: Johann Gabriel Seidl) idealisiert die Sehnsucht als romantischen Gemütszustand schlechthin. Dazwischen, schön konzipiert, als zumindest gelegentlicher Lichtblick Schuberts vier Impromptus D 899 für Klavier von 1827, einer seiner bekanntesten Klavierzyklen. Für Nicholas Rimmer war es die Gelegenheit, dynamische Feinarbeit und perlende, gelegentlich aberwitzig schnelle Läufe zu zeigen, die zu Beginn allerdings überschattet wurden von Ungenauigkeiten und klanglich undifferenzierten Passagen. Doch dann folgten, verinnerlicht und in hauchzarter Transparenz, das Ges-Dur Impromptu und das plastisch durchgestaltete As-Dur-Impromptu.

Auch in den Liedern war es lange Zeit vor allem Nicholas Rimmer, der Seelengemälde und Stimmungen entwarf: Ronan Collett hatte zunächst Schwierigkeiten, seine Stimme den Liedern anzupassen, und kämpfte gelegentlich mit Intonation und Dynamik. Daran änderte auch die erfreulich deutliche Diktion nichts. In Schuberts "Am Meer" war dann zu hören, was Collett zu bieten hat: eine achtsame und differenzierte Stimmführung und lange Spannungsbögen im Piano. Hier und in den folgenden Liedern blühte Ronan Colletts warmer, leuchtender Bariton auf. Das hätte man zwar lieber von Anfang an gehört, aber das Publikum bedankte sich herzlich für den besinnlichen Faschingsabend.