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Wir veröffentlichen Pressestimmen zu den Veranstaltungen der Reihe Musik am 13. mit freundlicher Genehmigung der genannten Medien.

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Aufwühlend


| Verena Großkreutz

Jörg-Hannes Hahn dirigiert Benjamin Brittens 'War Requiem' in der Liederhalle Stuttgart

Schon in seinem Aufführungsaufwand hat es etwas Utopisches: Benjamin Brittens ­riesig besetztes 'War Requiem' von 1962, komponiert im Gedenken an den Zweiten Weltkrieg. Am Sonntag dirigierte Kirchenmusikdirektor Jörg-Hannes Hahn diese bedeutendste aller musikalischen Anti-Kriegserklärungen im Beethovensaal der Stuttgarter Liederhalle.

Man hört es nicht oft in Stuttgart. Viele Veranstalter scheuen den Aufwand und ­seine Finanzierung. Nicht so Hahn, dem es ein persönliches Bedürfnis war, das 'War Requiem' am 9. November als Kontrapunkt zu den Wiedervereinigungsfeiern auf die Bühne des Beethovensaals zu stemmen, um auch den anderen Aspekten dieses durch diverse historische Gedenktage symbolisch aufgeladenen Datums gerecht zu werden.

Man wollte an den Beginn des Ersten Weltkrieges vor 100 Jahren erinnern. Aus diesem Anlass hatte man auch sämtliche Stühle des Beethovensaals mit kleinen ­Zetteln 'Zum Gedenken an die Opfer der Kriege' belegt, auf denen jeweils ein Name eines Opfers aus Stuttgart stand.

Jörg-Hannes Hahn steht also an diesem Abend inmitten eines stimmlichen und instrumentalen Großaufgebots: Auf der Bühne die stattlich besetzte Jenaer Philharmonie, darüber auf der Empore ein Riesenchor, ­vereinigt aus Hahns eigenem Stuttgarter Bachchor und jenem aus Bad Homburg. Rechts eine kleine Orgel, dahinter ein ­Kinderchor aus der polnischen Partnerstadt Lodz und links im Zuschauerraum ein zwölfköpfiges Kammerensemble mit eigener Leitung, dazu Solisten.

Die Spannung, die sich aus diesen ganz unterschiedlichen musikalischen Kräften aufbaut, ist immens. Jedem der drei Klangbereiche ist eine andere Sphäre zugeordnet: Das Massenaufgebot auf der Bühne ist für die neutrale Aussage der recht tonal gehaltenen lateinischen Totenmesse-Vertonung ­zuständig und die klar intonierende Sopranistin Catriona Smith für würdevoll-mahnende Worte. Die Kinderstimmen schweben als ätherischer, vom Mitleid unberührter Chor über allem.

 

Das Kammerensemble übernimmt die klanglich krasseren Vertonungen von Gedichten Wilfred Owens: ­erschütternde Kriegsberichte in poetische Form gegossen. Die Solisten ergreifen Partei für die Opfer: Ronan Collett mit warmem, mitfühlendem Bariton, und Tenor Matthias Klink emotional immer stärker Anteil nehmend, aufgewühlt, empört, schmerzvoll, unter die Haut gehend.

Die Verschränkung der unterschiedlichen Bedeutungs- und Klangebenen dieses eher meditativ-reflektierenden Werks, das dennoch auch Dies-Irae-Dramatik à la Verdi und im 'Libera me' auch den großen, ­verzweifelten Aufschrei kennt, gelingt Hahn - unterstützt von Co-Dirigentin Susanne Rohn - ganz vorzüglich, ebenso wie der ­Zusammenhalt und die Klangorganisation der Ensembles, der große Bogen, das ­Zeitmanagement und die Gestaltung der Übergänge.

Am Ende, nachdem paradiesische ­friedliche Zustände verkündet wurden, brandet großer Jubel auf für eine großartige Leistung.